Freshfields Bruckhaus Deringer: Im Gespräch - Leiter der Praxisgruppe Finance

Autor*innen
Kay Szantyr
Eine Hand umfasst ein Bündel Gelscheine, eine andere Hand ist auf das Geld wartend ausgestreckt

Dr. Dirk Schmalenbach (50) ist gemeinsam mit Alan Newton Leiter der globalen Praxisgruppe Finance bei Freshfields Bruckhaus Deringer. Besonders viel Spaß machen ihm noch immer Flugzeugfinanzierungen - und die große Vielseitigkeit, die das Finanzrecht von Anwälten fordert.

Herr Dr. Schmalenbach, wie war Ihr Weg zu Freshfields Bruckhaus Deringer?

1984 habe ich als Referendar ein knappes Jahr in einer Wall-Street-Kanzlei gearbeitet. Das hat meine Vorstellung von anwaltlicher Arbeit unglaublich beflügelt. Als ich 1986 das Assessorexamen machte, habe ich mir die deutschen Kanzleien angesehen, die ähnlich motiviert arbeiteten. So bin ich Anfang 1987 bei Westrick & Eckholdt, einer der Vorgängerkanzleien von Freshfields Bruckhaus Deringer, eingestiegen und seither in derselben Kanzlei tätig. Als ich anfing, waren in meiner Kanzlei gerade einmal 17 Anwälte tätig - heute sind es allein in Frankfurt gut 200. Die befassen sich natürlich nicht alle mit Finance. Die globale Praxisgruppe Finance, die zweitgrößte Praxisgruppe der Kanzlei, umfasst derzeit 477 Anwälte.

Wussten Sie schon während des Studiums, dass Sie im Bereich Finance arbeiten wollen, und haben sich entsprechend früh spezialisiert? Oder haben Sie eher "on the job" gelernt?

In den 80er Jahren waren das Jurastudium und auch die Tätigkeit eines Anwalts noch viel breiter angelegt. Immerhin gab es schon den Beruf des Wirtschaftsanwalts, der im gesamten Bereich des Unternehmens- und Finanzrechts beratend tätig war. Im Laufe der Jahre hat es hier eine zunehmende Ausdifferenzierung gegeben. Diese Entwicklung haben unsere Mandanten gefordert. Ich habe mich Ende der 80er und mit größerer Intensität in den 90ern mit Flugzeug- und anderen Asset-Finanzierungen auseinandergesetzt. So kam es zu einer zunehmenden Identifizierung mit den Themen Finance und Aviation. Und so habe ich alles "on the job" gelernt. Gemeinsam mit meinen Mandanten habe ich mich den jeweils neuen Herausforderungen gestellt. 

Müssen Bewerber, die an Finance-Themen arbeiten wollen, heute also bereits eine entsprechende Spezialisierung aus dem Studium oder der Promotion vorweisen?

Im Gegenteil, ich halte es nicht für gut, sich zu früh festzulegen und dadurch einzuengen. Wir versuchen, den jungen Juristen einen breiten Einstieg in die Anwaltstätigkeit zu ermöglichen. Mit einer etwas breiteren Ausbildung ist man besser gerüstet, sich verändernden Aufgabenfeldern zu stellen. Was ich heute mache, ist nicht das, was ich vor fünf oder zehn Jahren gemacht habe. Man sagt ja, dass man heutzutage damit rechnen muss, drei, vier Mal im Leben den Beruf zu wechseln. Wir haben das Glück, das am gleichen Schreibtisch zu tun. Ich finde es wichtig, bereit zu sein, sich immer wieder umzuorientieren und vor allem neugierig zu bleiben.
 
Dazu kommt, dass auch heute nur sehr wenige Hochschulen Finance-Spezialisierungen anbieten. Deshalb führen wir neben dem Einführungskurs in das Wirtschaftsrecht für die neuen Associates ein gesondertes, einwöchiges Seminar durch. Dort lernen die Associates die Grundfragen aus den unterschiedlichen Bereichen des Finanz- und Kapitalmarktrechts kennen, um ein Gefühl für die Materie zu entwickeln. Auch sonst gibt es bei uns regelmäßige Fortbildungen. Die Sprache der Banker mit ihren vielen Drei-Buchstaben-Abkürzungen ist ja gelegentlich verwirrend. Anderenfalls sitzen sie beim ersten Mal im Konferenzraum und denken: Alle wissen, worum es geht, nur ich nicht.

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Finance ist ja auch ein ungemein weites Feld - man muss sich vermutlich selbst innerhalb der Finance weiter spezialisieren.

Richtig. Auf den ersten Blick kann man sich fragen: Was hat die Finanzierung von Solarenergieanlagen in Spanien mit der Gewährung eines Kredits für ein Unternehmen in Norddeutschland gemeinsam, was eine Flugzeugfinanzierung mit der Verbriefung von Mikrokrediten in der Dritten Welt? Das Stichwort lautet: Cashflow. Die Kapitalströme müssen identifiziert, analysiert und den einzelnen Teilnehmern zugeordnet werden. Sie sind unterschiedlichsten Risiken ausgesetzt, die man voraussehen muss. Das gilt besonders bei grenzüberschreitenden Transaktionen.
 
Hier setzt das Instrumentarium des Finanzrechtsanwalts ein. Er muss nicht nur die Zahlungsströme sorgfältig dokumentieren, sondern auch gute Kenntnisse des Kredit- und Kreditsicherungs- rechts, aber auch des internationalen Privatrechts haben. Nötig ist auch ein Verständnis für Grundfragen des Bilanz- und Steuerrechts - als Stichwort sei hier nur die Quellenbesteuerung benannt. Er muss Insolvenzprobleme antizipieren und sich mit gesellschaftsrechtlichen Fragestellungen beschäftigen. Das Aufsichtsrecht setzt den Rahmen, in dem Finanzierungen umgesetzt werden können. Der gute Finanzrechtsanwalt muss dies alles berücksichtigen, und gerade das ist in meinen Augen das Charmante am Finanzrecht: dass ich hier im Schnittfeld unterschiedlichster Rechtsgebiete arbeite. Oft ist es ein Zickzackweg, der zum Ausgleich der Einzelinteressen und schlussendlich zu einer sachgerechten Lösung führt.
 
Da es bei bestimmten Finanzierungsstrukturen typischerweise auftretende Fragen gibt, haben wir Teams gebildet, die sich schwerpunktmäßig mit diesen Feldern befassen, also etwa Projektfinanzierung, strukturierte Produkte, Verbriefungen, Anleiheemissionen, Konsortialkredite, Restrukturierungen und eben auch Asset Finance.

Schafft man das überhaupt, alleine all diese Punkte im Blick zu behalten, oder arbeitet ein Spezialist für deutsches Recht mit einem Experten für US-Recht zusammen?

Ja, natürlich. Teamarbeit ist die Regel, vor allem bei den grenzüberschreitenden Transaktionen und interdisziplinären Themen.

Was muss ein Bewerber für Finance mitbringen - ein ausgeprägtes Faible für Zahlen?

Die Grundrechenarten sind sicher hilfreich - aber das gilt ja für das ganze Leben. Ein Mathematikstudium ist bestimmt nicht notwendig. Wichtig ist ein Interesse an sorgfältiger Dokumentation. Bewerber für den Bereich sollten neugierig und offen sein, Spaß auch an komplexen Strukturen haben und sich auch durch komplizierte juristische Themen nicht abschrecken lassen. Schließlich kannm man auch die großen Probleme in kleine, einfachere Stücke herunterbrechen. Im Team zusammen mit anderen Anwälten lassen sich die Fragen meist leicht beantworten.
 
Die Arbeit in der Praxisgruppe Finance ist sehr international ausgerichtet, internationaler als die meisten anderen Fachgebiete. Wir haben deutsche Anwälte in den USA oder in London, und auch in Frankfurt arbeitet ein englischer und ein amerikanischer Partner. Die Bereitschaft, international tätig zu sein, ist daher wichtig.

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