Schlagfertigkeit: Cool bleiben, souverän reagieren

Autor*innen
Matthias Pöhm
Person in Anzug und Aktentasche auf einem Skateboard. Der Kopf wurde durch einen offenen Mund ersetzt.

Schlagfertigkeit wird oft mit der Fähigkeit gleichgesetzt, blitzschnell witzige Entgegnungen parat zu haben. Dabei geht es Schlagfertigen gar nicht darum, jemanden zum Lachen zu bringen, sondern darum, für sich und ihre Ziele einzutreten und verbale Angriffe souverän zu parieren.

Schlagfertigkeit folgt ihren ganz eigenen Regeln. Menschen, die von Natur aus schlagfertig sind, benutzen sie unbewusst. Wenn du diese Regeln allerdings kennst, kannst du sie sogar gezielt einsetzen. Mit den folgenden vier Methoden parierst du negative Attacken ganz lässig – privat oder im Job.

1. Interpretiere den Vorwurf um

Sogenannte "Etikettiervorwürfe" hört man viel zu oft – mit einem unfreundlichen Wort soll dir ein negatives Etikett angeklebt werden. Darauf gibt es eine erstaunlich einfache Reaktion: Wenn dir jemand ein negatives Wort an den Kopf wirft, dann interpretiere es so um, dass es eine positive Bedeutung bekommt!

Klassisches Beispiel von Bill Gates, dem ein Journalist einmal vorwarf, dass ihn Leute als Streber bezeichneten. Gates antwortete: "Wenn Streber bedeutet, dass ich mich für das Innenleben eines Computers interessiere und Spaß daran habe, dieses Innenleben zu verstehen – dann bin ich ein Streber."

Es gibt eigentlich kein Wort, das so eindimensional wäre, dass man nicht eine positive Komponente in ihm entdecken könnte. Wenn dir also vorgeworfen wird, du seist stur, dann überlege, welche positiven Qualitäten diese Eigenschaft impliziert.
Und antworte: "Wenn 'stur' bedeutet, dass ich meinen Fokus auf ein Ziel richte und mich nicht davon ablenken lasse, dann bin ich stur."

Du kannst auch eine völlig neue, positive Bedeutung für ein negatives Wort finden. 

  • Beispiel: "Die Idee ist ja absolut bescheuert!"
  • Antwort: "Wenn 'bescheuert' bedeutet, dass die Idee ein unkonventioneller Ansatz ist, den verkrampfte Konservative nur schwer kapieren – dann ist sie tatsächlich bescheuert."

2. Stimm unerwartet zu

Dein Angreifer rechnet sicher nicht damit, dass du seinem Vorwurf zustimmst! Damit ziehst du ihm den Stöpsel und lässt ihn auf dem Trockenen sitzen. Wenn du ihm widersprichst, dich rechtfertigst oder herausreden willst, bestätigst du nur seine Einschätzung. Wenn du ihm aber unerwartet zustimmst, bist du nicht mehr angreifbar.

Da sagt einer: "Sie haben Ihren Abschluss wohl von der Baumschule."
Du antwortest: "Das haben Sie messerscharf beobachtet!"

Mit einer der folgenden drei Universal-Formulierungen kannst du immer kontern – egal, was man dir vorwirft:

  • "Na sicher, was dachten Sie denn?"
  • "Das soll auch so bleiben."
  • "Daran werden Sie sich gewöhnen müssen."

3. Bringe das höhere Ziel ins Spiel

Mit dieser Technik kannst du sowohl Pauschaleinwände als auch konkrete Vorwürfe parieren. Du kannst sie aber nicht in jeder Situation anwenden – überlege dir also zuvor, ob sie auch passt. Denn wenn sie das tut, ist sie genau der Hammer, der den Nagel mit einem Schlag im Holz versenkt.

Wenn jemand dein Verhalten kritisiert, kann es nämlich durchaus sein, dass er einfach nicht kapiert, welches höhere Ziel du damit verfolgst. Entkräfte seinen 'niedrigen' Einwand mit deiner höheren Weitsicht.

Ein Beispiel: Du hast mit viel Engagement ein gemeinsames Projektwochenende für deine Lerngruppe organisiert. Vor Ort beschwert sich ein Kommilitone aber über die Unterkunft und das schlechte Essen. Erinnere ihn daran, was das übergeordnete Ziel ist und sage: "Worum geht es hier denn wirklich? Wir haben die Möglichkeit, hier gemeinsam zu arbeiten, damit jeder von uns das Seminar mit Bravour besteht. Da ist es vollkommen unwichtig, ob die Zimmer hellhörig sind oder das Essen nicht Fünf-Sterne-Qualität hat."

4. Konter mit Bildern

Einen Menschen kannst du auf der Ebene des Unterbewusstseins unmittelbar ansprechen – und zwar, indem du mit deinen Worten ein Bild in ihm erzeugst. Ein Bild ist lebendig, emotional und einprägsam. Es wirkt direkt aufs Unbewusste und erzeugt dort eine Assoziation, einen lebendigen Kontext. Wenn du mit Bildern arbeitest, wirkst du wesentlich überzeugender, als wenn du dich im abstrakten Raum der Sachargumente bewegst.

Beispiel: Deine Firma stellt gute Software her. Du verkaufst sie einem neuen Kunden und versprichst ihm, dass dein neues System schneller und mit weniger Fehlern arbeitet als sein altes. Nach ein paar Wochen ruft der Kunde an und beschwert sich: Er hat die Software im Einsatz – und festgestellt, dass seine Mitarbeiter jetzt doppelt so lang für die Eingaben brauchen und doppelt so viele Fehler machen wie mit dem alten System. Er ist nicht glücklich darüber.

Auf der Ebene sachlicher Argumentation würdest du ihm antworten: "Sorry, aber jede Software braucht eine gewisse Einarbeitungszeit. Da ist es ganz normal, dass ihre Leute anfangs mehr Fehler machen und länger brauchen. Aber sowie sie einmal drin sind, wird sich das geben. Also abwarten und dranbleiben!"

Wie würdest du als Kunde auf diese Antwort reagieren? Wahrscheinlich nicht sonderlich begeistert.

Und jetzt stell dir vor, deine Antwort auf die Beschwerde lautet so: "Stellen Sie sich vor, einer Ihrer Mitarbeiter kann unglaublich schnell tippen – und zwar mit nur zwei Fingern. Wirklich verblüffend schnell. Dann kommen Sie eines Tages und sagen ihm, dass er sogar noch viel schneller tippen könnte. Und bringen ihm das Zehnfingersystem bei. Jetzt wird er erst mal langsamer – aber trotzdem ist es das bessere System. Und genauso ist es auch mit unserer Software."

Konter für jede Gelegenheit

Matthias Pöhm hat dir gezeigt, mit welchen Techniken du auf Fragen und Kommentare schlagfertig reagierst. Im Zweifel fallen dir gute Konter aber immer zu spät ein. Damit du für einige Situationen in Zukunft eine Antwort mit Wumms parat hast, kannst du diese Sammlung als Inspirationsquelle nutzen.

An der Uni und privat

Dein Dozent legt im Seminar großen Wert auf die Anwesenheitspflicht. Letzte Woche warst du krank. Diskretion ist für Herrn Habicht aber leider ein Fremdwort. Vor versammelter Mannschaft fragt er dich daher: "Was hatten Sie denn?" Frei nach dem Motto "Deine Krankheit gehört dir" darfst du ihm getrost antworten:

  • "Nebel-Hummer-Entzündung."
  • "Kommt heut Abend in den Nachrichten."

Deine superdünne Freundin beglückt dich immer wieder mit Kommentaren zu deiner Wohlfühlfigur. Zum Beispiel: "Seit du mit deinem Freund zusammengezogen bist, hast du aber schon ganz schön zugelegt, oder?" Wenn du ihr das erwiderst, hält sie sich das nächste Mal vielleicht zurück:

  • "Im Gegensatz zu deinem kann meiner eben kochen."
  • "Ich weiß, du bist schon zu lange Single. Gemeinsames Essen schmeckt halt doppelt so gut."

Dein bester Freund hat eine ganz genaue Vorstellung vom Leben. Wenn du ihm von deinen Problemen berichtest, neigt er zu Bewertungen deiner Lage, die er regelmäßig einleitet mit: "Nimm das jetzt bitte nicht persönlich, aber …" In solchen Fällen kannst du deinen Unmut so auf den Punkt bringen:

  • "Entschuldige bitte, aber wie soll ich es denn sonst nehmen?"
  • "Gut, dann nimm es bitte auch nicht persönlich, dass ich deine Kritik als unsensibel empfinde."

Familienfeiern. Wer kennt es nicht: Tante Ursula pirscht sich schon wieder mit diesem mitleidigen Blick an und meint: "Kind, bring doch mal deine Freundin mit. Oder bist du etwa immer noch Single?" Mit diesen Antworten bringst du sie hoffentlich zum Schweigen:

  • "Ich lieeebe diese Frage. Darf ich dich bitten, sie mir morgen nochmal zu stellen?"
  • "Bin ich Prinz Harry, dass mein Privatleben so interessant für dich ist?"

Und wenn dann auch noch Onkel Alfred ankommt mit: "Hattest du nicht Kunstgeschichte studiert? Was machst du denn jetzt daraus beruflich?"

  • "Ich betreibe eine Spaghettiplantage in der Antarktis. Aber wir hatten Missernten."
  • "Da muss ich erst meinen Bewährungshelfer fragen."

Im Job

Zwischenrufe in Präsentationen sind unhöflich und unangenehm, besonders wenn es negative Anmerkungen sind. Wie parierst du ein "Das ist überflüssig – das interessiert doch niemanden"? Nimm dem Störenfried mit folgenden Worten den Wind aus den Segeln:

  • "Das ist eine wirklich hilfreiche Anmerkung. Könnten Sie das wiederholen? Ich würde es mir gerne aufschreiben."
  • "Tatsächlich? Können Sie diesen sachlichen Einwand bitte genauer ausführen?"

Ein hohes Konfliktpotential liegt in der Natur von Besprechungen. Eine unangenehme Frage ist zum Beispiel: "Warum ist Projekt XY noch nicht fertig?!" Statt es mit einer gestammelten Rechtfertigung zu versuchen, kannst du ruhig antworten:

  • "Wäre es Ihnen lieber, wenn ich schneller, aber dafür schlampiger arbeite?"
  • "Gegenfrage: Wollen Sie ein gutes oder ein schnelles Ergebnis?"

Es kommt auch vor, dass du einen guten neuen Vorschlag einbringst, der mit "Das funktioniert doch ohnehin nicht" abgetan wird. Deine passende Erwiderung:

  • "Mit dieser Einstellung würden wir noch in kalten und unbeleuchteten Höhlen wohnen."
  • "Mark Zuckerberg wäre mit deinem Innovationsgeist heute deutlich ärmer."

Am schwierigsten ist der Umgang mit Kollegen, die dich tatsächlich nicht mögen und das ganz unverblümt sagen: "Wenn ich hier das Sagen hätte, wärst du schon lange nicht mehr hier!" Lass dich nicht ärgern, sondern entgegne ganz locker:

  • "Wenn du hier das Sagen hättest, hätte ich diese Stelle gar nicht erst angenommen."
  • "Wenn du hier das Sagen hättest, wäre ich schon längst bei der Konkurrenz."

18 Uhr – endlich Feierabend. Der übermotivierte Kollege aus dem Büro nebenan ruft dir auf dem Weg nach draußen zu: "Ach, du gehst schon?"

  • "Ja, ich bin grad mal in der Mittagspause. Bis später!"
  • "Du weißt ja – MEIN Freundeskreis ist so groß, ich weiß gar nicht, wie ich meine sozialen Kontakte alle pflegen soll."
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