Arbeitsfelder für Naturwissenschaftler:innen und Ingenieur:innen: Mehr als nur Labor und Konstruktionsbüro

Autor*innen
Carola Schmid
Ein Mann sitzt auf einer riesigen Glühbirne und arbeitet an einem Laptop. An die Glühbirne ist eine Leiter gelehnt.

Als Naturwissenschaftler:in experimentierst du im Labor, als Ingenieur:in konstruierst du Maschinen. Und ohne Promotion brauchst du dich überhaupt gar nicht erst zu bewerben? Wir klären die wichtigsten Fragen für deine Karriereplanung.

Ist es sinnvoll, sich zu spezialisieren?

Eine Spezialisierung ist nicht nur sinnvoll, sondern auch unausweichlich. Allein durch deine Master-Arbeit oder Promotion wirst du dich mit einem bestimmten Thema intensiver auseinandersetzen.

Sinnvoll ist eine Spezialisierung deshalb, weil sie dich von deinen Mitbewerber:innen abhebt. Sie ist sozusagen dein Unique Selling Point. Wenn du dich eingehend mit einem bestimmten Fachbereich beschäftigst, wirst du viel Erfahrung auf diesem Gebiet sammeln. Damit steigt dein Wert als Expert:in bei Unternehmen.

Ist eine Promotion für den Berufseinstieg notwendig?

Bis vor Kurzem war eine Promotion noch ein absolutes Muss für alle Naturwissenschaftler:innen. Dieser Anspruch wandelt sich jedoch seit ein paar Jahren. Oft sind Praktika und die individuelle Arbeitsweise wichtiger als der Doktortitel. Abhängig ist das natürlich vom Fachbereich, dem Unternehmen und der Karrierestufe. Für manche Arbeitsstellen bleibt eine Promotion ein absolutes Must-have.

Eine Promotion ist immer dann wichtig, wenn du an theoretischen Fragestellungen interessiert bist und dich beruflich damit beschäftigen möchtest. Wenn du beispielsweise in Forschungs- und Entwicklungsabteilungen arbeiten willst, solltest du auf jeden Fall promovieren. So erarbeitest du dir nicht nur die nötigen fachlichen Kenntnisse, sondern lernst auch, ein Projekt über einen langen Zeitraum zu organisieren, zu koordinieren und durchzuführen.

Mit einem Doktortitel hast du außerdem Aussicht auf verantwortungsvollere Positionen: Zum Beispiel kannst du die Projektleitung in Forschungsabteilungen übernehmen oder im strategischen Management tätig sein.

Für den Einstieg bei einer Beratung ist die Promotion nicht zwingend notwendig. Hier zählt mehr, welches "Gesamtpaket" an Fachwissen und Persönlichkeit du als Bewerber:in mitbringst. Nach deinem Abschluss hast du die Möglichkeit über ein Trainee-Programm in ein Unternehmen einzusteigen.

Hat es Vorteile zu promovieren?

Als promovierte:r Akademiker:in kannst du in vielen Unternehmen mit einem höheren Einstiegsgehalt rechnen als Master-Absolvent:innen. Außerdem erklimmst du die Karriereleiter etwas schneller als deine Master-Kolleg:innen, was sich natürlich auch auf dein Gehalt auswirkt.

Wie sich die Gehaltskurve mit zunehmender Berufserfahrung entwickelt, hängt von deiner Arbeitsstelle ab. Insgesamt gleicht sich das Einkommen von Master-Absolvent:innen und Promovierten auf lange Sicht jedoch an.  

Worauf solltest du bei der Wahl der Promotionsstelle achten?

Allem voran sollte natürlich dein Interesse an einer wissenschaftlichen Fragestellung stehen. Wenn du nur um des Titels Willen promovierst, wird es schwer, dich über mehrere Jahre hinweg zu motivieren. Letztendlich wird darunter deine Arbeit und folglich dein Abschlussergebnis leiden. Finde also ein Thema, für das du dich lange Zeit begeistern kannst.

Versuch außerdem, dir einen möglichst guten Eindruck von der Arbeitsgruppe und der Art der Betreuung zu verschaffen. Am besten vereinbarst du einen Termin zum Probearbeiten. Auch die Reputation der Arbeitsgruppe spielt für deine Publikationen eine wichtige Rolle. Deshalb solltest du dich dahingehend informieren. Wie gut deine zukünftige Arbeitsgruppe vernetzt ist, kannst du beispielsweise auf GoogleScholar oder Web of Science herausfinden. Es lohnt sich außerdem, die Website des Instituts genau zu begutachten. Logos weisen hier auf Mitgliedschaften in Netzwerken, interdisziplinären Arbeitsgruppen oder auf Kooperationen mit Industriepartnern hin. Wenn du auf Homepage nichts dazu findest, lohnt es sich in jedem Fall persönlich nachzufragen.

Einen weiteren wichtigen Punkt solltest du unbedingt beachten: Besitzt das Institut die nötige Ausstattung zur Bearbeitung deiner Fragestellung? Wenn du erst während der Arbeit feststellst, dass es an Material und Geräten fehlt, um zum Beispiel wichtige Versuche durchzuführen, musst du möglicherweise deine Fragestellung ändern und deine bisherige Arbeit war umsonst.

Berufsfelder für …

… Mathematiker:innen und Statistiker:innen

Als Mathematiker:in bist du in der freien Wirtschaft besonders in IT-Abteilungen gefragt. Deine Arbeitsmöglichkeiten reichen hier vom Programmierer:in über Software-Entwickler:in bis zum Big Data-Analyst. Künstliche Intelligenz, Machine Learning oder Big Data: Überall werden fundierte mathematische Kenntnisse benötigt.

Aber auch bei Banken kannst du deinen Einstieg finden. Die Entwicklung und Analyse von Finanzmodellen oder die Risikobewertung von Finanzprodukten gehört hier zu den typischen Aufgabenfeldern.

Als Mathematiker:in oder Statistiker:in bist du auch überall dort gefragt, wo große Datenmengen analysiert und veranschaulicht werden müssen, zum Beispiel bei Versicherungen. Die Risikoabschätzung erfolgt durch Extremwertstatistik und ist ein wichtiger Bestandteil der Kalkulation von Versicherungen.

Außerdem kannst du als Statistiker:in in der Marktforschung und Gesundheitsbranche Fuß fassen.

… theoretische Physiker:innen

Auch als theoretische:r Physiker:in hast du gute Aussichten in IT-Abteilungen unterzukommen und dich als Programmierer:in oder Datenanalyst:in zu betätigen. Wenn du ökonomisch interessiert bist, kannst du zum Beispiel High Frequency Trading ins Auge fassen – also den Handel mit Wertpapieren durch Computer. Auch Business Intelligence könnte für dich eine Option sein. In diesem Bereich sammelst und analysierst du IT-gestützt Unternehmensdaten, durch die wiederum handlungsrelevante Informationen für Management und Controlling entstehen.

Arbeitest du dich gerne durch große Datenmengen, bist du vielleicht auch im Bereich Machine Learning gut aufgehoben. Hier arbeitest du daran, Computern beizubringen, durch Vorgänge wie Mustererkennung und Clusterbildung neue Daten selbstständig zu beurteilen und einzuordnen.

… Naturwissenschaftler:innen

Für Naturwissenschaftler:innen sind die Patentabteilungen von Unternehmen eine von vielen Möglichkeiten. Wenn du juristisch interessiert bist, kannst du dich sogar zum Patentanwalt bzw. zur Patentanwältin weiterbilden lassen. Außerdem stehen dir Arbeitsfelder wie Quality Management, Drittmittel- und Technologietransfer sowie Projektleitung offen.

… Ingenieur:innen

Du kannst auch als Ingenieur:in eine Anstellung in Forschungs- und Entwicklungsabteilungen von Unternehmen anstreben. Hier bist du von der Konzeptentwicklung über die Konstruktion bis zur Präsentation des Ergebnisses am gesamten Entwicklungsprozess neuer Produkte beteiligt. Welche Produkte das sind, hängt natürlich von der Branche des Unternehmens ab – vom Automobilbau bis zu Feinmechanik und Optik ist alles denkbar.

Ein Arbeitsfeld, bei dem man nicht gleich an Ingenieur:innen denkt, ist die Medizintechnik. Hier werden zum Beispiel Steuerungs- und Kontrolleinrichtungen konzipiert und entwickelt – wer sonst könnte hochauflösende automatisierte Kamerasysteme bauen?

In der Qualitätssicherung prüfst du als Ingenieur:in, ob die Ware der Lieferant:innen den geforderten Qualitätsansprüchen genügt. Sollte es zu einem Produktionsausfall oder -überschuss kommen, bist du in der Verantwortung, geeignete Maßnahmen einzuleiten und durchzuführen.

Im Einkauf bist du dafür zuständig, geeignete Materialangebote für die eigene Produktion zu finden. Du musst den Markt für Roh- und Betriebsstoffe, Vorprodukte, Werkzeuge, etc. sondieren und das beste Angebot herausfiltern. Hast du einen geeigneten Lieferanten bzw. eine geeignete Lieferantin gefunden, bist du für Vertragsverhandlung und -abschluss verantwortlich.

… alle?

Für alle Naturwissenschaftler:innen und Ingenieur:innen gilt: Die Beratungsbranche ist immer auf der Suche nach klugen Analytiker:innen. Deine Fähigkeit, abstrakt und strategisch zu denken, kannst du hier optimal einsetzen. Deine konkreten Tätigkeiten hängen stark vom Projekt ab, das du betreust. Du wirst viel Arbeitszeit bei Kund:innen verbringen. Welche Aufgabe du dort erfüllst, ist sehr variabel: Workshops organisieren, Modelle entwickeln, Interviews führen, Entscheidungshilfen für das Management entwerfen – all das kann Teil deiner Arbeit sein.

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